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Ein Problem, viele Lösungen: das laterale Denken nach Edward de Borno

Wie finden wir die besten Mitarbeitenden? Wie überbrücken wir Vakanzen? Wodurch stärken wir die Mitarbeitendenbindung? Aus dem täglichen HR-Geschäft ist die Notwendigkeit, auch mal kreativ zu denken, nicht mehr wegzudenken. Doch Not allein macht noch nicht erfinderisch – vielmehr kommt es auf die richtigen Methoden an, die das eigene Denken in kreative Bahnen lenken und von dort in funktionierende Lösungen fließen lassen. Einige dieser sogenannten Kreativitätstechniken haben wir bereits in vorherigen Blogbeiträgen – zum Beispiel hier und hier – vorgestellt. Dieses Mal möchten wir Sie mit einer weiteren erfolgserprobten Methode bekanntmachen: dem „lateralen Denken“.

Was ist laterales Denken?

Der Begriff geht auf den britischen Kreativitätspsychologen Edward de Borno zurück. Bereits in den 1960er Jahren machte er sich einen Namen als „Kreativitätsguru“, der bis in die heutige Zeit hineinreicht. De Borno entwickelte das „laterale“ als Alternative zum vorherrschenden „vertikalen“ Denken, das darauf abzielt, logische und lineare Lösungen zu finden. Laterales Denken hingegen fördert die Schaffung neuer Ideen und Ansätze, die oft zunächst unkonventionell oder abwegig erscheinen, aber sich dennoch als äußerst wertvoll herausstellen können. Um seine theoretische Annahme auch praktisch anwendbar zu machen, entwickelte de Borno im nächsten Schritt eine Methode, welche es erlaubt, laterales Denken in den Arbeitsprozess zu integrieren und es sowohl für Gruppen als auch Einzelpersonen zugänglich zu machen.

Die sechs Denkhüte von Edward de Bono

Die Methode besteht aus sechs sogenannten Denkhüten. Die dahinterliegende These besagt, dass sich jedes Problem aus verschiedenen Aspekten zusammensetzt, wir jedoch in aller Regel nur einen, nämlich den uns zugänglichsten Aspekt, beachten – womit wir uns zugleich allen anderen noch möglichen Perspektiven und somit neuen Lösungsansätzen verschließen.

Dem wirken die sechs Denkhüte entgegen, indem sie die unterschiedlichen Perspektiven jeweils einer Farbe zuordnen und somit schon optisch kenntlich machen:

  1. Der weiße Hut steht für Fakten und Informationen. Hier werden Daten gesammelt und analysiert, um eine solidere Grundlage für Entscheidungen zu schaffen.
  2. Der rote Hut repräsentiert Emotionen und Intuition. Mit diesem Hut denken Sie über Ihre Gefühle und die Gefühle anderer in Bezug auf das Problem nach.
  3. Der schwarze Hut symbolisiert kritisches Denken. Hier werden die Risiken und Nachteile eines Problems beleuchtet, um mögliche Schwachstellen zu erkennen.
  4. Der gelbe Hut ist positiv und optimistisch. Mit diesem Hut suchen Sie nach den Vorteilen und Chancen des Problems.
  5. Der grüne Hut steht für kreatives Denken und Ideenfindung. Er ermutigt zu unkonventionellem Denken und fördert die Entwicklung neuer Lösungsansätze.
  6. Der blaue Hut ist der Kontrollhut, der die Denkprozesse koordiniert und lenkt. Somit sorgt er dafür, dass die anderen Denkhüte effektiv eingesetzt werden.

Praktisch kommt es darauf an, jedes Problem nach und nach unter jedem dieser Denkhüte zu beleuchten. Dabei ist es sowohl möglich, ihnen physische Gestalt zu geben, also sich beispielsweise Papierhüte in der jeweiligen Farbe zu falten und aufzusetzen, als auch sie sich lediglich vorzustellen. Sinnvoll ist es dennoch, sich die jeweilige Farbe, sprich den jeweiligen Aspekt, zu vergegenwärtigen – zum Beispiel durch farbige Karteikarten, die man in die Hand nimmt, oder Ähnliches. So kann man sich diesen noch einmal ganz bewusst machen und das Problem daraufhin wirklich nur unter diesem einen speziellen Gesichtspunkt beleuchten. Zum Schluss werden alle Erkenntnisse gesammelt, um aus der Gesamtbetrachtung neue Ideen und Ansätze zu ziehen.

Geht es also beispielsweise um die Frage, durch welche Maßnahmen die Mitarbeitendenbindung gestärkt werden kann, konzentriert sich das Denken unter dem weißen Hut voll und ganz auf die zur Verfügung stehenden Daten und Fakten – zum Beispiel: Wie hoch ist die Fluktuationsrate tatsächlich? Welche Mitarbeitenden verlassen das Unternehmen – aus welchen Bereichen, Ressorts oder Abteilungen kommen sie, welchen Altersgruppen und welchem Geschlecht gehören sie an? Ist ein Muster erkennbar oder wird quer durch die Bank gekündigt?Ganz anders ist die Herangehensweise unter dem roten Hut – hier wird rein emotional gedacht: Wie fühlen sich Mitarbeitende, wenn sie beschließen das Unternehmen zu verlassen bzw. welche Gefühle haben sie zur Kündigung bewogen – und wie fühlen sich die Mitarbeitenden, die bleiben? Außerdem: Was kann unternommen werden, um die Bleibe-Gefühle zu stärken? Unter dem schwarzen Hut nehmen Sie alle Nachteile und Risiken ins Auge, die das Problem mit sich bringt – während sie unter dem gelben Hut genau andersherum denken, also die positiven Seiten benennen. So kann es natürlich von Nachteil sein, wenn Mitarbeitende aus eigenen Stücken die Organisation verlassen, andererseits kann Fluktuation auch frischen Wind ins Haus bringen und die, die bleiben, zu noch engeren Teams zusammenschweißen. Mit dem grünen Hut kommen Sie in die kreative Phase und entwickeln – zum Beispiel anhand der unter dem weißen und roten Hut gesammelten Erkenntnisse und Einsichten – Ideen zur Mitarbeitendenbindung, die unter dem blauen Hut noch einmal auf Machbarkeit hin kontrolliert werden.

Die Verwendung der Denkhüte ermöglicht es somit, verschiedene Perspektiven auf ein Problem zu bekommen und kreative Ansätze zu entwickeln, die über das traditionelle, logische Denken hinausgehen. Und auch die neu entwickelten Ideen und Lösungsansätze selbst können unter ihnen noch einmal überdacht werden: Welche Vor- oder auch Nachteile gehen damit einher? Welche Gefühle lösen sie (vermutlich) aus? Welche Daten und Fakten könnten zur genaueren Prüfung herangezogen werden?

Fazit

Die sechs Denkhüte können Personaler*innen – und nicht nur sie – dabei unterstützen, ganz neue Blickwinkel einzunehmen und mit Hilfe derer innovative Lösungen zu finden, die beispielsweise die Mitarbeitendenzufriedenheit steigern und die Effizienz im HR-Bereich verbessern. Indem HR-Profis die Prinzipien des lateralen Denkens in ihren Arbeitsprozess integrieren, können sie die Zukunft ihrer Organisation positiv gestalten und ihre eigene Rolle als kreative Problemlöser weiterentwickeln. Die Förderung der Kreativität ist in jedem Fall ein Schlüssel zur Bewältigung einer dynamischen und innovativen Arbeitsumgebung.


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