
Immer wieder begegnen uns in der Werbung prominente Persönlichkeiten im Kontext bestimmter Produkte, Angebote oder Dienstleistungen. Teuer, teuer, mögen jetzt viele denken. Doch das ist nicht unbedingt der Fall. Denn es gibt auch Werbung mit Prominenten, ohne dass dafür Lizenzgebühren entrichtet wurden.
Wie ist das möglich? Und ist dieses Prinzip auch auf Kommunikationsmaßnahmen im Personalmarketing und Employer Branding übertragbar?
Zur Beantwortung dieser Fragen haben wir uns an einen Experten gewandt: Jonathan Schäfer, Rechtsanwalt in der renommierten Kanzlei UNVERZAGT (Hamburg) und dort unter anderem zuständig für die Prüfung und Bewertung von Werbekampagnen zu beispielsweise Product Placement, Social-Media- und Influencer-Marketing.
Lieber Herr Schäfer, unter welchen Umständen ist Werbung mit Prominenten ohne deren Zustimmung erlaubt?
Wegen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts können Prominente grundsätzlich selbst darüber entscheiden, ob und für wen sie werben möchten.
Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen, sodass Unternehmen nicht in jedem Einzelfall die Zustimmung eines Prominenten einholen müssen, dessen Namen/Abbild sie in ihre Werbung einbetten möchten. Eine solche Ausnahme liegt vor, wenn die Meinungsäußerungsfreiheit des Unternehmens gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Prominenten überwiegt. Die Meinungsäußerungsfreiheit umfasst auch kommerzielle Kommunikation/Werbung, wenn sie aktuelle Geschehnisse in der Gesellschaft aufgreift und, etwa satirisch, kommentiert.
Die durch die Meinungsfreiheit grundrechtlich geschützte Werbefreiheit kann etwa gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Prominenten überwiegen, wenn sich die Werbung inhaltlich mit einem für die Öffentlichkeit relevanten Thema auseinandersetzt, zu dem der Prominente in einem konkreten Bezug steht. Welches Recht überwiegt, kann nur durch Abwägung der widerstreitenden Interessen im konkreten Einzelfall ermittelt werden.
Veranschaulichen lässt sich das an einem aktuellen Beispiel rund um den Moderator Jan Böhmermann. Ein sächsischer Imker nutzte ohne Jan Böhmermanns Zustimmung dessen Abbild und den Hinweis „Führender Bienen- und Käferexperte empfiehlt“ in einer Werbeanzeige für Honig. Das von Jan Böhmermann angerufene Gericht entschied, dass es sich um eine satirische Auseinandersetzung mit einer zuvor ausgestrahlten Sendung des Moderators handelte, in der dieser, auch unter Bezugnahme auf das Unternehmen des Imkers, das sogenannte „Beewashing“ kritisierte – eine Praxis, bei der Unternehmen sich nur vermeintlich für den Bienen- und Umweltschutz einsetzen. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Meinungsfreiheit des Imkers überwiegt, da es in der Werbung einen satirischen Kommentar auf den Beitrag von Jan Böhmermanns gesehen hat.
In welchem Umfang ist diese Werbung dann erlaubt?
Der Umfang, in dem Werbung mit Prominenten ohne deren Zustimmung zulässig ist, hängt maßgeblich von der Art der Darstellung und dem Grad des Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht ab.
Dabei lassen sich drei Hauptkategorien unterscheiden:
- Testimonialwerbung: Hier wird der Eindruck erweckt, die prominente Person identifiziere sich mit dem Produkt oder empfehle es aktiv. Solche Darstellungen sind in der Regel unzulässig, da sie tief in das Selbstbestimmungsrecht der prominenten Person eingreifen.
- Imagetransfer: In diesem Fall wird das Bild oder der Name eines Prominenten so eingesetzt, dass dessen positives Image auf das beworbene Produkt übertragen werden soll. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist hier schwächer als bei der Testimonialwerbung. Wird aber etwa das Foto eines Prominenten zusammenhanglos in einer Werbebotschaft verwendet, ohne dass ein Bezug zu einem den Prominenten betreffenden gesellschaftlichen Thema hergestellt wird, so überwiegt auch hier regelmäßig das Persönlichkeitsrecht der prominenten Person.
- Aufmerksamkeitserhöhung: Diese Form der Werbung nutzt das Bild oder den Namen eines Prominenten, um Aufmerksamkeit zu generieren. Es handelt sich um einen vergleichsweisen schwachen Eingriff ins Persönlichkeitsrecht, da nicht explizit das positive Image des Prominenten auf das beworbene Produkt übertragen werden soll. Ist der Anlass für die Werbung ein aktuelles Geschehen, in das der Prominente involviert ist, so kann die unternehmerische Meinungsfreiheit gegenüber dem Persönlichkeitsrecht überwiegen; siehe dazu den Böhmermann-Fall von oben.
Entscheidend für die Zulässigkeit ist stets eine sorgfältige Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Prominenten und der Werbe- bzw. Meinungsfreiheit des Werbenden.
Ein Beispiel für unzulässige Werbung aufgrund eines besonders schweren Persönlichkeitseingriffs lieferte TV Movie: „Einer dieser TV-Moderatoren muss sich wegen KREBSERKRANKUNG zurückziehen“ hieß es auf einem Vorschaubild für einen Artikel, das neben anderen Prominenten auch Günther Jauch zeigte. Der Link führte zu einem Beitrag über die Krebserkrankung des Autors Roger Willemsen – Günther Jauch ging es gut. Das Oberlandesgericht Köln sprach Günther Jauch deswegen 20.000 Euro zu.
Bitte erläutern Sie unseren Leser*innen doch kurz die rechtlichen Grundlagen der lizenzfreien Werbung mit Prominenten.
Bei der lizenzfreien Werbung mit Prominenten stehen sich zwei Grundrechte gegenüber. Auf der einen Seite steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Prominenten, das in Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG verankert ist. Dieses Grundrecht gewährt ein Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich des eigenen Namens, Bildnisses sowie der eigenen Darstellung in der Öffentlichkeit.
Auf der anderen Seite steht die Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG. Werbetreibende können sich auf die Meinungsfreiheit berufen, wenn die Werbung zur öffentlichen Meinungsbildung beiträgt, weil sie sich mit dem aktuellen gesellschaftlichen Geschehen auseinandersetzt.
Wenn ein Prominenter gegen eine Werbung gerichtlich vorgeht, sind es immer jedenfalls auch diese beiden Grundrechte, zwischen denen die Gerichte abwägen müssen.
Als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts normiert § 22 KunstUrhG das Recht am eigenen Bild. Hiernach dürfen Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden. § 23 KunstUrhG sieht Ausnahmen von diesem Grundsatz vor. So bedarf es nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG keiner Einwilligung des Abgebildeten, wenn es sich um ein Bildnis „aus dem Bereiche der Zeitgeschichte“ handelt.
Hiermit sind Geschehnisse von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse gemeint, bezüglich derer ein besonderes Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht. Die Frage nach einem Informationsinteresse der Öffentlichkeit ist bei der Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten und der Meinungsfreiheit des Werbetreibenden miteinzubeziehen.
Ein interessantes Beispiel betraf den Fall, in dem der Großindustriellenerbe Gunter Sachs heimlich auf seiner Yacht fotografiert wurde und die BILD dieses Bildnis für eine Eigenwerbungs-Anzeige verwendet hat, begleitet von der Überschrift „Psst, nicht stören! Playboy (75) am Sonntag.“ Hier überwog das Persönlichkeitsrecht gegenüber der Meinungsfreiheit der BILD, insbesondere weil das Foto Gunter Sachs in seinem privaten Lebensbereich zeigte.
Zwar wurde nicht suggeriert, dass Sachs die Zeitung empfiehlt (keine Testimonialwerbung), doch führte das Nebeneinander von Produkt und Person zu einem unzulässigen Imagetransfer. Der BGH sprach Gunter Sachs wegen des Eingriffs in seine Privatsphäre eine fiktive Lizenzgebühr von 50.000 Euro zu.

Was hat es in diesem Zusammenhang mit der Presse- und Meinungsfreiheit auf sich – wo fängt sie an und wo endet sie?
Kurz zusammengefasst: Unternehmen können sich bei kommerzieller Kommunikation/Werbung auf die Meinungsfreiheit berufen, wenn sich die Werbung inhaltlich mit einem für die Öffentlichkeit relevanten Thema auseinandersetzt.
Der Meinungsfreiheit steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht der in der Werbung genannten oder abgebildeten prominenten Person gegenüber.
Ob die Meinungsfreiheit oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht überwiegt, hängt vom konkreten Einzelfall ab. Hierzu sind die widerstreitenden Interessen des Unternehmens und der prominenten Person gegeneinander abzuwägen.
Wie sieht es mit Kampagnen zur Mitarbeitendengewinnung aus, beispielsweise im Personalmarketing und Employer Branding: Gelten hier noch einmal besondere Regeln?
Die Besonderheit des Personalmarketings oder Employer Brandings besteht darin, dass nicht für ein ganz konkretes Produkt, sondern für ein Unternehmen als Ganzes geworben wird.
Die zuvor dargestellten Grundsätze, insbesondere zur Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des ohne Einwilligung abgebildeten Prominenten und der Werbe- bzw. Meinungsfreiheit des werbenden Unternehmens, sind im Wesentlichen übertragbar.
Werden Bildnisse eines Prominenten in größerem Umfang für Kampagnen im Personalmarketing oder Employer Branding genutzt – etwa, indem das Bildnis in unterschiedliche Werbematerialien, sei es offline oder auf Social Media, eingebettet wird – so steigt das Risiko, dass Gerichte diese Art der Nutzung als unzulässige Testimonialwerbung oder Imagetransfer qualifizieren.
Insbesondere wenn das rein kommerzielle Interesse, das eigene Unternehmen in einem positiven Licht erscheinen zu lassen, im Vordergrund steht und nur nebensächlich eine Auseinandersetzung mit einem den Prominenten betreffenden aktuellen gesellschaftlichen Geschehnis erfolgt, kann das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten überwiegen, sodass keine zulässige, einwilligungsfreie Nutzung etwa nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG vorliegt.
Gerade bei der mehrfachen Nutzung von Prominenten-Bildnissen bei größer angelegten Employer-Branding-Kampagnen ist der vermögenswerte Bestandteil des Persönlichkeitsrechts besonders stark betroffen. Der geschützte vermögenswerte Bestandteil des Persönlichkeitsrechts ermöglicht es dem Prominenten, seine Bekanntheit für werbliche Zwecke entgeltlich zur Verfügung zu stellen.
Welche Risiken gehen Unternehmen mit dieser Art der Werbung ein?
Stellt ein Gericht fest, dass die Voraussetzungen für eine einwilligungsfreie Nutzung nicht vorlagen – etwa weil kein hinreichender Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG hergestellt wurde – so kann der Prominente Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen.
Daneben kommt ein Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Betracht. Die Anspruchshöhe richtet sich dann nach dem geschätzten Betrag, den der Werbetreibende hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis des Prominenten im Rahmen eines entgeltlichen Lizenzvertrags eingeholt hätte.
Letztlich ist die einwilligungsfreie Werbung mit bekannten Gesichtern stets mit einem gewissen Risiko behaftet, da ihre Zulässigkeit von einer einzelfallbezogenen Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und Werbe- bzw. Meinungsfreiheit abhängt.
Um Schadensersatzansprüche und nachträgliche Lizenzgebühr-Ansprüche zu vermeiden, rate ich dazu, bereits während der Konzeption von Werbekampagnen frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen.
Fazit
Keine Frage: Die Aussicht, mit der Abbildung prominenter Persönlichkeiten in Personalmarketing- und Employer-Branding-Maßnahmen Aufmerksamkeit zu generieren, ist verlockend. Und noch verlockender erscheint es, dafür keine Lizenzgebühren entrichten zu müssen. Aber Achtung: Diesen Chancen steht das Risiko gegenüber, dass ein Gericht im Falle eines Rechtsstreits zugunsten der abgebildeten prominenten Person entscheidet. Und dann wiederum kann es teuer werden. Aus diesem Grund ist es ratsam, nicht einfach ins Blaue hinein zu werben, sondern sich vorab fachkundig beraten zu lassen, ob die kreative Idee den rechtlichen Rahmenbedingungen für lizenzfreie Werbung mit Prominenten standhält.
Vielen Dank, lieber Herr Schäfer, für diese spannenden Einblicke in die Möglichkeiten und Grenzen der lizenzfreien Werbung mit Prominenten auch im Personalmarketing und Employer Branding!