Personalmarketing

Guerilla-Recruiting – Aufmerksamkeit mit allen Mitteln

Guerilla-Recruiting

Wer am lautesten brüllt, bekommt nicht immer die meiste Beachtung. Im Guerilla-Recruiting ist jedoch genau das der Ansatz: Auffallen um jeden Preis – und zwar mit möglichst kreativen Aktionen. Die Maßnahmen sollen ins Auge stechen, irritieren, vielleicht sogar schockieren und so in den Köpfen der Zielgruppe bleiben. Beliebte Mittel, um dies zu erreichen, sind Humor, Ironie und Provokationen. Wir schauen uns an, was es mit der Methode zur Personalgewinnung auf sich hat.

Definition

Der Begriff Guerilla-Recruiting wurde aus dem Marketing abgeleitet und für die Personalgewinnung adaptiert. Ziel der Methode ist, durch ungewöhnliche und überraschende Maßnahmen – mit bestenfalls geringem Einsatz von Budget – möglichst hohe Aufmerksamkeit und Reichweite zu generieren. In den vergangenen Jahren haben sich insbesondere diese drei Arten von Guerilla-Recruiting herauskristallisiert:

Ambient Recruiting:

Wie der Name schon sagt, wird hier das Ambiente, also die Umgebung, für die Maßnahme genutzt. Hierfür werden (Medien-)Formate in der Lebenswelt der Zielgruppe möglichst auffällig verändert oder darin integriert. Typische Beispiele sind Plakate oder Postkarten, aber auch Bierdeckel und Bodenbeschriftungen.

Viral Recruiting:

Diese Methode nutzt in der Regel das Internet, um die Botschaft zu verbreiten. Bestenfalls geht diese viral und steigert die Aufmerksamkeit somit selbstständig exponentiell. Beliebte Formate sind Videos, aber auch Bilder, Memes etc.

Trojan Recruiting:

Namensgeber für dieses Vorgehen ist das trojanische Pferd, denn die Taktik ist die gleiche. Die zu übermittelnde Botschaft wird getarnt oder verschlüsselt und in die Arbeitswelt der Konkurrenz eingeschleust und zwar so, dass sie bestenfalls nur die Zielgruppe erreicht und anspricht. So legte Ikea beispielsweise beim Eintritt in den australischen Markt allen Produkten eine spezielle Aufbauanleitung bei. Die sogenannten „Carrär Instructions“ waren eine getarnte Stellenanzeige, die mit geringem Budgeteinsatz tausende von qualifizierten Bewerbungen einbrachte.

Es gibt aggressivere und eher unterschwellige Methoden des Guerilla-Recruitings. Bekannt wurde beispielsweise ein Abreißkalender einer großen Agentur, der jeden Tag aufs Neue Hinweise und Anregungen lieferte, den Job zu kündigen und sich bei der herausgebenden Firma zu bewerben. Etwas dezenter, aber nicht weniger erfolgreich war ein versteckter Bewerbungsaufruf der Kreativagentur Jung von Matt, der in den Blindtext „Lorem Ipsum“ eingebettet wurde. Hierzu kooperierte das Unternehmen mit der Website lipsum.com – einem Generator für die Blindtexte. Nach dem Kopiervorgang war die Stellenausschreibung für die Anwender*innen sichtbar und hat somit ganz gezielt die gesuchten Grafikdesigner*innen angesprochen. Über 220.000-mal wurde die Stellenanzeige gesehen, ganze 14.000 potenzielle Bewerber*innen besuchten daraufhin die Karriereseite der Agentur.

Fokus auf Zielgruppe und Employer Brand

Entscheidend für erfolgreiches Guerilla-Recruiting ist die möglichst passgenaue Ausrichtung auf die Zielgruppe. Daher sollte zunächst eine tiefgreifende Analyse ebendieser erfolgen, beispielsweise in Form von Personas. Anschließend muss die Maßnahme bestmöglich auf die zu erreichenden Personen ausgerichtet werden. Die größte Wirkung haben Aktionen, wenn die Adressat*innen merken, dass die bzw. der Absender*in besonders viel Mühe in die individuelle Ansprache investiert hat.

Zudem sollten die Maßnahmen des Geruilla-Marketings immer auch auf die Employer Brand einzahlen und auf keinen Fall gegen sie wirken. Ein Arbeitgeber, der sich dem Umweltschutz verschrieben hat, macht sich mit Anzeigen auf bspw. Lkw unglaubwürdig. Tech-Unternehmen, die sich Digitalisierung auf die Fahnen schreiben, sollten besser keine Flyer verteilen oder Plakate aufhängen.

Planung ist alles

Das A und O einer Guerilla-Recruiting-Aktion ist der Überraschungseffekt. Damit dieser gelingt, ist es wichtig, dass alle Beteiligten, vom Kreativteam bis zu den Zuständigen für die Umsetzung, der Geheimhaltung verpflichtet sind – bestenfalls vertraglich. Zudem gilt: Vorbereitung ist alles. Soll beispielsweise eine mobile Aktionsfläche vor einem IT-Unternehmen Aufmerksamkeit erregen, ist es wichtig, den perfekten Standort zu wählen. Insbesondere wenn Planung und Durchführung einer Maßnahme nicht von denselben Personen betreut werden, ist eine detailgenaue Recherche notwendig. Vor welchem Gebäude soll der Aufbau erfolgen? Wie muss bspw. der Stand platziert werden, um von der Zielgruppe gut gesehen zu werden? Verdecken Bäume oder andere Schilder die Sicht? Wenn solche Dinge erst im Moment der Umsetzung auffallen, ist die Gefahr groß, dass der Überraschungseffekt und somit die Wirkung der Maßnahme verpufft.

Auch in Sachen Recht sollten Unternehmen auf der sicheren Seite sein und sich gut informieren. Ob Datenschutz, Nutzungsrechte oder Straßenverkehrsregeln – im Eifer des Gefechts werden leicht gesetzliche Richtlinien überschritten und das kann sehr teuer werden. Daher sollte sich bei jeder Aktion im Vorfeld darüber informiert werden, bestenfalls direkt bei einem fachkundigen Anwalt, ob die geplanten Maßnahmen rechtskonform sind.

Aufmerksamkeit versus Aufreger – ein schmaler Grat

Viel Aufmerksamkeit zum bestenfalls kleinen Preis – das klingt zu schön, um wahr zu sein. Doch neben all den positiven Aspekten birgt Guerilla-Recruiting auch Risiken. Wer sich bspw. mit Provokationen oder spitzem Humor Gehör verschafft, läuft auch Gefahr, über das Ziel hinauszuschießen. Es muss also sichergestellt werden, dass die Botschaft bei der Zielgruppe, aber bestenfalls für die gesamte Öffentlichkeit, möglichst wenig Angriffsfläche bietet. Wer sich hier verkalkuliert, muss mit Konsequenzen rechnen, die sich im schlimmsten Fall auch negativ auf das Image des Unternehmens und die Employer Brand auswirken.

Fazit

Vom viralen Bewerbungsaufruf via YouTube bis hin zu durchdachten Zielgruppenansprachen durch die Hintertür: Guerilla-Recruiting bietet viele Möglichkeiten, sich als attraktiver Arbeitgeber in den Fokus zu setzen. Bemerkenswerte und im hohen Maße kreative Aktionen sprechen die Zielgruppe an, bleiben im Kopf und ermutigen zur Reaktion. Im besten Fall bringt eine gelungene Maßnahme neben der generierten Reichweite noch anderweitige Aufmerksamkeit mit sich, bspw. in B2B-Portalen oder PR-Magazinen. Der Aufwand kann sich also durchaus lohnen, sofern sauber und detailliert alle notwendigen Vorkehrungen getroffen werden. Jedoch sollte immer klar sein: Guerilla-Recruiting ersetzt keine umfassende Personalmarketing-Kampagne oder -Strategie – es ist eher das Highlight einer solchen.

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