Recruiting

Jobhopper*innen – erfahrene Kandidat*innen mit Potenzial oder drohende Fehlbesetzung?  

Jobhopper

Manche Menschen hält es nicht lange an einem Ort und einige auch nicht am selben Arbeitsplatz. Eine exakte Definition gibt es zwar nicht, doch wechselt ein*e Arbeitnehmer*in mehrfach in kurzer Zeit – also etwa alle ein bis zwei Jahre – die Stelle, so spricht man von „Jobhopping“. Laut des aktuellen Hernstein Management Reports, für den 1.500 Führungskräfte aus Österreich und Deutschland befragt wurden, wie sie zu häufigen Jobwechsel stehen, sind deren Ansichten gemischt: 65 Prozent der Befragten meinen, dass Unternehmen davon profitieren, wenn Mitarbeitende Erfahrungen aus verschiedenen Berufen und Unternehmen mitbringen. Demgegenüber stimmen 12 Prozent der Aussage, dass man „durch häufigere Jobwechsel in keinem Job wirklich gut wird“ zur Gänze und weitere 23 Prozent eher zu. Wir haben uns die wechselfreudigen Arbeitnehmer*innen mal genauer angeschaut und geben Tipps, wann Recruiter*innen ihnen gegenüber aufgeschlossen sein und in welchen Fällen sie genauer hinsehen sollten.

Vorteile von Jobhopper*innen

Wer in vielen verschiedenen Firmen gearbeitet hat, bringt dementsprechend unterschiedlichste Erfahrungen mit Menschen, Arbeitsweisen und Führungsstilen mit. Dadurch sind diese Personen auf viele Situationen weit besser vorbereitet als Kandidat*innen, die seltener die Stelle gewechselt haben. Gleichzeitig sind die meisten von ihnen auch inhaltlich breiter aufgestellt. Es ist davon auszugehen, dass die Hopper*innen in den vorherigen Jobs unterschiedliche Aufgaben bearbeitet, sich in verschiedensten Themengebieten bewegt und womöglich sogar diverse Hierarchiestufen übernommen haben. Somit legen sie häufig eine interdisziplinäre und abteilungsübergreifende Arbeits- und Denkweise an den Tag.

Wer des Öfteren seine Stelle wechselt, ist zudem in der Regel anpassungsfähig, mutig und zukunftsorientiert. All das sind Werte, die Unternehmen zugutekommen – insbesondere in einer Arbeitswelt, die sich selbst immer schneller verändert und zunehmend mehr Flexibilität von Arbeitnehmer*innen- wie Arbeitgeberseite erwartet. Ob technologischer, struktureller oder personeller Wandel: Menschen, die Veränderungen offen gegenüberstehen, können mit neuen Situationen häufig besser umgehen und sich leichter in diese einfinden.

Zudem wird Jobhopper*innen eine gute Selbsteinschätzung zugeschrieben. Sie haben vieles ausprobiert und wissen, in welchen Bereichen ihre Stärken und ihre Schwächen liegen. Daher kommen sie mit klaren Vorstellungen in ein Bewerbungsgespräch. Sie wissen, wie sie sich ihren zukünftigen Arbeitsplatz vorstellen, was ihre Must-haves und No-gos sind. Das ist hilfreich, um wechselseitig zu prüfen, ob Kandidat*in und Unternehmen zueinander passen.

Dem sprunghaften Lebenslauf auf den Grund gehen

Die meisten Jobhopper*innen wechseln nicht aus Lust und Laune ihren Arbeitslatz, sondern haben dafür nachvollziehbare Gründe. In einigen Branchen sind Jobwechsel bspw. mit einem Karriereaufstieg und/oder einer Lohnerhöhung verbunden und werden daher nur allzu gern in Kauf genommen. In diesem Fall spricht das Jobhopping dafür, dass eine Person sehr ambitioniert, zielstrebig und fleißig ist. Manche Arbeitnehmer*innen sind auch aufgrund eines schnellen Wandels in ihrem Bereich dazu gezwungen, sich häufiger umzuorientieren. Zudem spielen nicht selten sogenannte Push-Pull-Faktoren eine wesentliche Rolle. Möglicherweise war die Situation im vorigen Job einfach nicht mehr tragbar oder es gab zu wenig Zukunftsaussichten. Vielleicht hält aber eine andere Stelle oder ein anderer Arbeitgeber einfach ein viel attraktiveres Angebot bereit und bietet mehr Gehalt, Urlaub oder spannende Benefits. Auch persönliche Gründe wie ein kürzerer Arbeitsweg oder die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf können zu einem Jobwechsel motivieren. Bevor ein*e Jobhopper*in also zu schnell negativ bewertet wird, gilt es, diese Optionen zu hinterfragen – im besten Fall sprechen Personaler*innen die bzw. den Bewerber*in sogar direkt darauf an. So kann jeder selbst entscheiden, ob die Gründe plausibel und nachvollziehbar oder fadenscheinig wirken.

Wann ist Vorsicht geboten?

Bei allem Verständnis für die Gründe der Jobwechsel sind die Sorgen der Arbeitgeber nicht von der Hand zu weisen. Sie können nicht wissen, wie ernst es einer bzw. einem Jobhopper*in mit der zu besetzenden Vakanz ist oder ob sie bzw. er möglicherweise das Unternehmen schon nach kurzer Zeit wieder verlässt. Somit fehlt ihnen wichtige Planungssicherheit.

Zudem ist die Einarbeitung von Mitarbeiter*innen zum Teil auch mit hohen Kosten verbunden. Doch es gibt Unterschiede – je nach Branche, Tätigkeit und zu besetzender Position ist es mehr oder weniger umständlich und zeitintensiv, eine*n Mitarbeiter*in umfassend auf ihren bzw. seinen Job vorzubereiten. Ob ein Unternehmen dieses Risiko eingehen kann oder möchte, sollten die Zuständigen abhängig von verschiedenen Faktoren entscheiden. Gibt es bspw. genug ähnlich qualifiziertes Personal, das die Einarbeitung durchführen und im Falle eines Weggangs die Aufgaben übernehmen kann? Könnte für die zu besetzende Stelle schnell ein*e andere*r Kandidat*in gewonnen oder nachbesetzt werden? Solche und andere Fragen müssen für jeden Fall individuell betrachtet und abgewogen werden.

Fazit

Ob ein Unternehmen Jobhopper*innen als Risiko oder Chance betrachten sollte, hängt von vielen Aspekten ab. Doch die meisten dieser Kandidat*innen haben das Potenzial, wertvolle Erfahrungswerte und vielseitiges Know-how mitzubringen. Durch eine vorschnelle Verurteilung wechselfreudiger Bewerber*innen entgeht Ihnen möglicherweise ein*e motivierte*r, flexible*r und gut geschulte*r Mitarbeiter*in. Personaler sollten ihre Skepsis daher zurückschrauben und die Hintergründe einer Person genau analysieren – in vielen Fällen gibt es nämlich eine gute Erklärung für kurze Beschäftigungsperioden. Ist eine dauerhafte Besetzung einer Stelle absolut essenziell und lassen sich die Zweifel im Laufe des Kennenlernens nicht zerstreuen, eignet sich im Einzelfall vermutlich ein*e andere*r Kandidat*in besser für die Position.

Kommentar Sebastian Hergott, Geschäftsführer DRSP:

„Viele Recruiter*innen sind Jobhopper*innen gegenüber skeptisch. Diese Unsicherheiten lassen sich häufig mit der richtigen Vorarbeit ausräumen. Im Rahmen des Recruiting-Prozesses schaffen offene Gespräche und ein vertrauensvolles Kennenlernen eine gute Basis für eine künftige Zusammenarbeit. Auch ein akribischer Blick auf den CV ist wichtig und kann Missverständnisse vermeiden – denn manchmal vermittelt der Lebenslauf einer Kanditatin bzw. eines Kandidaten einen falschen Eindruck. Wir erleben bspw. häufiger, dass es durch Änderungen von Namen, Abteilungswechseln oder Verkäufen den Anschein macht, als hätte ein*e Bewerber*in ihre bzw. seine Stelle mehrfach gewechselt, obwohl sie bzw. er stets im selben Unternehmen tätig war. Deshalb kann ich aus Erfahrung nur dazu raten, sprunghafte Lebensläufe nicht zu schnell zu verurteilen und die Hintergründe sowie die Kandidatin bzw. den Kandidaten selbst genau durchzuchecken.“

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