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Fit in die Zukunft: neue Arbeitszeitmodelle – heute und morgen

Wie in Unternehmen gearbeitet wird, ist für Mitarbeitende und Unternehmen gleichermaßen von Bedeutung: Betriebe sind darauf angewiesen, ihre Produktivität zu sichern, während Beschäftigte Wert darauf legen, Arbeitsleistung und Privatleben zu vereinen – heute mehr denn je.

Daraus folgt, dass traditionelle Arbeitszeitmodelle kontinuierlich hinterfragt und innovative Ansätze entwickelt werden. Welche Konzepte sind derzeit im Rennen und haben das Potenzial, den Anforderungen moderner Arbeitswelten gerecht zu werden?

Das schauen wir uns in diesem Blogbeitrag einmal an.

Arbeitszeit im Wandel

Wollen Unternehmen ihre Produktivität, Kreativität und Arbeitsfähigkeit entwickeln und für die Zukunft sichern, wird die Arbeitszeit zur Schlüsselressource. Zu diesem Schluss kommt die Unternehmensberaterin und promovierte Arbeitspsychologin Ulrike Hellert in ihrem 2022 erschienenen Buch „Arbeitszeiten flexibel und attraktiv gestalten“. Heutzutage gehe es darum, passgenaue Arbeitszeitmodelle zu kreieren, die den berufstätigen Personen in ihren unterschiedlichen Lebensphasen die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und privaten Interessen ermöglichen. Nur mit einer derart zufriedenen Belegschaft im Hintergrund könnten sich Unternehmen optimal für die Zukunft aufstellen.

In einem ihrer Fallbeispiele berichtet die Expertin zum Beispiel von einer Kfz-Werkstatt, die aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit ihre Servicezeiten ausweiten wollte. Der Gedanke, abends länger zu arbeiten und dafür eine ausgedehntere Mittagspause zu nehmen, war vor allem für eine Arbeitnehmerin mit Pferd attraktiv – so konnte sie sich ihrem Tier mitten am Tag, wenn am Stall weniger los ist, widmen und dafür zu einer für sie günstigeren Arbeitszeit im Betrieb sein.

Insgesamt wimmelt es mittlerweile von Studien, die zeigen, wie stark Mitarbeitende Wert auf ihre Work-Life-Balance legen – und das betrifft gerade die nachwachsende Mitarbeitendengeneration, wie etwa das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zusammenfassend feststellt: In Bezug auf das Arbeitsleben wird den zwischen 1995 und 2010 Geborenen neben einer hohen Digitalaffinität und dem Streben nach Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit vor allem auch der Wunsch nach einem ausgewogenen Verhältnis von Arbeit und Privatleben zugeschrieben.

Unternehmen tun somit gut daran, sich mit zeitgemäßen Arbeitsmodellen auseinanderzusetzen.

Nichtsdestotrotz sind der kreativen Arbeitszeitgestaltung durch die geltenden gesetzlichen Bestimmungen aber auch Grenzen gesetzt.

Arbeitszeitrecht: Rahmenbedingungen und aktuelle Entwicklungen

Das deutsche Arbeitszeitgesetz (ArbZG) bildet den rechtlichen Rahmen für die Gestaltung der Arbeitszeit. So dürfen Beschäftigte maximal acht Stunden täglich arbeiten, in Ausnahmefällen bis zu zehn Stunden, wenn innerhalb von sechs Monaten ein Ausgleich erfolgt. Und zwischen den Schichten sind Ruhezeiten von mindestens elf Stunden vorgeschrieben.

Ein weiterer entscheidender Impuls für die Arbeitszeitgestaltung kommt vom Europäischen Gerichtshof (EuGH), der 2019 eine objektive und verlässliche Arbeitszeiterfassung vorgegeben hat. Im Jahr 2022 legte das BAG mit einer noch stärkeren Konkretisierung der Arbeitszeiterfassung nach. Und der Koalitionsvertrag der seit 2025 amtierenden Bundesregierung sieht unter anderem die Einführung einer verpflichtenden elektronischen Zeiterfassung vor. Damit ist klar: Auch bei flexiblen Modellen muss eine transparente Dokumentation der Arbeitszeit sichergestellt sein.

Zur Variabilität der Arbeitszeit trägt das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) bei: Die sogenannte Brückenteilzeit ermöglicht es Beschäftigten, ihre Arbeitszeit befristet reduzieren und später wieder erhöhen zu können.

All diese Regelungen bieten einerseits Sicherheit und schränken gleichzeitig die Flexibilität ein, die in vielen modernen Modellen angestrebt wird.

Neue Arbeitszeitmodelle: Vielfalt und Flexibilität im Fokus

Gerade in den letzten Jahren entwickelt sich die Arbeitszeitgestaltung stetig weiter. Aktuell stehen hybrides Arbeiten, innovative Ansätze wie die Vier-Tage-Woche oder lebensphasenorientierte Modelle im Zentrum des Interesses. Hinzu kommen völlig ortsunabhängige Konzepte, die vielfältige Möglichkeiten eröffnen, die Arbeitszeit neu zu denken.

Hier ein kurzer Überblick über die derzeit relevantesten Ansätze, ihre Chancen und Herausforderungen:

Hybrides Arbeiten: die Zukunft der Flexibilität

Die Kombination von Büroarbeit und Homeoffice – auch bekannt als hybrides Arbeiten – hat sich in den letzten Jahren als eines der beliebtesten Arbeitszeitmodelle etabliert. Mit diesem Konzept geht eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und häufig auch eine flexiblere Zeiteinteilung einher.

Die sogenannte Vertrauensarbeitszeit geht noch einen Schritt weiter: Mitarbeitende entscheiden eigenverantwortlich, wann und wie sie ihre Aufgaben erledigen. Der Fokus liegt auf Ergebnissen statt auf Präsenz. Dieses Modell bietet somit viel Freiheit, erfordert aber auch eine sorgfältige Dokumentation, um Überarbeitung und rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden.

Innovative Ansätze: von der Vier-Tage-Woche bis zum Chronoworking

Zu einer der spannendsten Entwicklungen gehört die Vier-Tage-Woche. Pilotprojekte in Ländern wie Island und Neuseeland zeigen, dass eine derartige Arbeitszeitverkürzung nicht nur die Zufriedenheit der Beschäftigten steigert, sondern auch die Produktivität stabil hält. Auch in Deutschland ist dieses Modell bereits angekommen.

Ein weiterer Ansatz sind lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle. Sie berücksichtigen die individuellen Lebenssituationen der Arbeitnehmer*innen, sei es bei der Familiengründung, der Pflege von Angehörigen oder im Übergang zum Ruhestand. Umgesetzt werden solche Modelle zum Beispiel durch Lebensarbeitszeitkonten oder befristete Teilzeit.

Hinzu kommen neuere Konzepte wie das Chronoworking, das die Arbeitszeiten an den Biorhythmus der Berufstätigen anpasst: Frühe Vögel beginnen ihren Arbeitstag vor dem Morgengrauen, während Nachteulen später produktiv werden. Dieses Modell erfordert eine gut durchdachte Organisation und ist vor allem in digitalisierten Arbeitsumfeldern praktikabel.

Weitere Perspektiven: Workation, ROWE und Activity-Based Working

Viele Arbeitszeitmodelle der Zukunft setzen vermehrt auf Orts- und Zeitunabhängigkeit. So bezeichnet „Workation“ das Arbeiten vom Urlaubsort aus, kombiniert also den Job mit Flexibilität und Erholung.

Ein weiteres innovatives Modell ist das Activity-Based Working (ABW). Es orientiert sich an den jeweiligen Tätigkeiten und nicht an festen Arbeitsplätzen. Mitarbeitende wählen den Arbeitsplatz, der am besten zu ihrer aktuellen Aufgabe passt – sei es ein ruhiger Bereich für konzentrierte Tätigkeiten oder ein kreativer Raum für Teammeetings.

Hinzu kommen weitere interessante Ansätze, beispielsweise das Jobsharing, bei dem sich zwei oder mehr Personen eine Stelle teilen und ihre Arbeitszeiten sowie Aufgaben individuell aufeinander abstimmen. Diese Methode bietet Kolleg*innen in ihren unterschiedlichen Lebensphasen eine hohe Flexibilität.

Ein weiterer Ansatz sind Sabbaticals, also Langzeit-Auszeiten vom Job. Diese werden in die Personalpolitik integriert, um Mitarbeitenden die Möglichkeit zu bieten, sich zu regenerieren, neue Perspektiven zu gewinnen oder persönliche Projekte zu verfolgen – sei es durch Reisen, Weiterbildung oder andere Vorhaben. Gleichzeitig bleibt die Bindung an den Arbeitgeber bestehen, was sowohl für die Arbeitnehmer*innen als auch für die Unternehmen Vorteile bringt.

Ebenso hebt die projektbasierte Arbeit feste Arbeitszeiten auf, indem Mitarbeitende ihre als Projekt zusammengefassten Aufgaben innerhalb eines definierten Zeitraums bearbeiten und danach flexibel neue Projekte übernehmen können. Dieses Modell hat eine hohe Eigenverantwortung und effiziente Arbeitsweise im Blick, da die Konzentration auf klar definierte Ziele gerichtet ist.

Von der Idee zur Praxis

Die Einführung neuer Arbeitszeitmodelle erfordert eine sorgfältige Planung und schrittweise Umsetzung. Pilotprojekte sind hierbei ein bewährtes Mittel, um Konzepte zunächst in kleinem Maßstab zu testen und wichtige Erkenntnisse für die großflächige Einführung zu gewinnen. Ebenso entscheidend ist eine transparente interne Kommunikation, um Akzeptanz und Vertrauen zu schaffen.

Darüber hinaus sollten Unternehmen ihre Prozesse und Technologien auf den Prüfstand stellen. Tools zur digitalen Zeiterfassung und transparente Zielvereinbarungen sind unverzichtbar, um flexible Modelle rechtssicher und effektiv umzusetzen.

Von großer Bedeutung ist zudem eine regelmäßige Evaluation. Nur so können Betriebe sicherstellen, dass die Modelle den gewünschten Erfolg bringen und bei Bedarf Anpassungen vornehmen.

Und nicht zuletzt spielen Führungskräfte eine zentrale Rolle: Sie müssen die neuen Ansätze vorleben, Mitarbeitende motivieren und gleichzeitig ein gesundes Gleichgewicht zwischen Flexibilität und Verbindlichkeit gewährleisten.

Fazit

Die Arbeitszeitmodelle der Zukunft sind geprägt von Flexibilität, Individualität und Ergebnisorientierung. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, das gewählte Modell rechtssicher und transparent umzusetzen und die Bedürfnisse der Mitarbeitenden nicht aus den Augen zu verlieren. Unternehmen, die diesen Wandel mitgehen, positionieren sich als attraktive Arbeitgeber und schaffen die Voraussetzungen für eine zukunftsorientierte Arbeitswelt.

Gern unterstützen wir auch Sie dabei, sich in einer stetig wandelnden Arbeitswelt als attraktiven Arbeitgeber zu zeigen.

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